Unternehmensbericht 20/21

Investiert nicht nur materiell in lebenswerte Quartiere: gwg-Geschäftsführer Oliver Zier. die Mieter so entlasten, dass ein Teil der Investitionskosten über höhere Kaltmieten wieder reinkommt? Es geht aber nicht nur mit technologischen Maßnahmen. Wir sollten auch im Blick haben, wie wir Energieeinsparung durch verhaltensorientierte Maßnahmen erreichen können. ZIER: Wenn wir uns anschauen, wo im Energiebereich Klimabelastungen entstehen, dann liegen 70 bis 80 Prozent davon außerhalb unserer Einflusssphäre als Wohnungswirtschaft. Deswegen glaube ich, dass wir die Klimaschutzziele bis zum Jahr 2045 nur erreichen werden, wenn alle Sektoren zusammen daran arbeiten. Ein Beispiel dafür ist das Thema Fernwärme. Und genau da kommt die lokale Ebene ins Spiel, die die relevanten Akteure dafür zusammenbringen kann. Wir müssen die Herausforderungen gemeinsam angehen. Dazu brauchen wir mehr Kooperationen der Akteure vor Ort, aber auch regulativ viel mehr Freiheitsgrade, die wir im Moment nicht haben, wie beim Thema Mieterstrom. Dazu gehören aber auch – das haben Sie, Herr Schneidewind, vollkommen zu Recht gesagt – die Mieterinnen und Mieter, die natürlich einen hohen Anteil daran haben, wie wir mit Energie künftig umgehen. Eine weitere Herausforderung ist die breit gestreute Einzeleigentümerstruktur im Wuppertaler Immobilienmarkt. Wie bringt man diese Akteure mit an einen Tisch? SCHNEIDEWIND: Da führt wieder die Quartiersebene zur Lösung. Wenn wir, wie im Klimaquartier Arrenberg, Nahwärmenetze aufbauen wollen, muss man die vielen Hauseigentümer zusammenbringen, damit das funktioniert. Am besten gelingt das über die Identifikation mit dem Quartier. Als Stadt versuchen wir, dafür die richtigen Plattformen zu bilden. Vieles wird davon abhängen, wie die Förderkulissen sich weiterentwickeln. Wir wissen aber auch, dass es dann immer noch viel Informations- und Überzeugungsarbeit braucht. Da kommen die kommunalen Wohnungsbauunternehmen ins Spiel, die mit größeren Wohnungsbeständen in den Quartieren präsent sind. Sie können ihr Sachwissen an die privaten Eigentümer weitergeben, ihnen zeigen, was heute schon geht, und sie motivieren, selbst zu investieren. ZIER: Ein Beispiel dafür ist unser Modellhaus-Projekt, das die gwg in einer Arbeitsgemeinschaft mit anderen Akteuren entwickelt und dann in einem Objekt am Sedansberg umgesetzt hat. Es ist ein Anschauungsobjekt geworden, das zeigt, wie man modernisieren kann, ohne als Profi im Bereich der Vermietung unterwegs zu sein. Das wird gewisse Sogwirkungen und Nachzieheffekte haben. Bei der Stadtentwicklung braucht es immer die First Mover, die schließlich das ganze Feld in Bewegung bringen. Braucht es vielleicht auch mehr Vorgaben, wie zum Beispiel die Solarbaupflicht, wie sie kürzlich in Berlin beschlossen worden ist? SCHNEIDEWIND: Wir hätten die hohen energetischen Standards im Neubau nicht, wenn sie nicht klar vorgeschrieben wären. Andererseits merken wir im Bestand, dass Vorgaben auch blockierend wirken können. Ob eine Solarbaupflicht wirklich Sinn macht, wird sich zeigen. Denn welchen Energiemix eine Stadt braucht, hängt auch von ihrem Gebäudebestand ab. Einseitig auf den Solarpfad zu setzen, muss nicht in jeder Situation die allerbeste Lösung sein. 26

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