Unternehmensbericht 20/21

Nachhaltige Quartiere in Wuppertal. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist eine der großen sozialen Fragen unserer Zeit. Zugleich müssen Städte auf den Klimawandel und auf demografische Veränderungen in der Stadtgesellschaft reagieren. Wie gelingt es unter dem Vorzeichen einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung, alle Ansprüche miteinander zu vereinbaren: alten Gebäudebestand zu modernisieren, neuen Wohnraum zu schaffen und dabei attraktive lebenswerte Nachbarschaften zu fördern? Über Nachhaltigkeit in der Stadt imWandel diskutieren Oberbürgermeister Uwe Schneidewind und gwg-Geschäftsführer Oliver Zier im Dreiklang-Gespräch. Wenn wir von „Quartieren“ sprechen, reden wir von größeren Neubauprojekten genauso wie von der Entwicklung ganzer Stadtviertel. Was bezeichnet der Begriff eigentlich genau und warum ist das Quartier in den Mittelpunkt der Stadtentwicklungspolitik gerückt? SCHNEIDEWIND: Das Quartier hat so sehr an Bedeutung gewonnen, weil sich die Leitbilder für Stadtentwicklung erheblich gewandelt haben. In den 50er-Jahren wurden Städte autogerecht gedacht und räumliche Funktionen radikal getrennt. Heute diskutieren wir über Leitbilder, die sie wieder zusammenbringen. Die Pariser Oberbürgermeisterin Anne Hidalgo zum Beispiel spricht gern von der „15-Minuten-Stadt“. Arbeiten, Wohnen, Einkaufen, Erholung – alles ist zu Fuß oder per Fahrrad in 15 Minuten zu erreichen. Darum sind Quartiere so zentral, weil ich dort idealerweise alles vor Ort habe. Was das an Lebensqualität ausmacht, haben wir ja in der Coronakrise gemerkt, wenn ich eben nicht extra in einen Bus steigen muss, um irgendwohin zu kommen. ZIER: Das Schöne an dem Begriff des Quartiers ist, dass er nicht geschützt ist. Das macht seinen Reiz aus: Man kann ihn besetzen, und das tun wir in der Wohnungswirtschaft auch. Das Quartier ist für uns in den letzten Jahren die zentrale Bezugsgröße geworden, weil es als maßstäbliche Ebene nicht zu klein und nicht zu groß ist, um Veränderungsprozesse und Transformationen umsetzen zu können. Wir haben im Quartier zwei Komponenten dafür. Ich nenne es gern die „Hardware“, also die Gebäude und die Außenanlagen, und die „Software“, das soziale Miteinander und die gelebte Nachbarschaft. Mit dieser Kombination von Hard- und Software kann man gerade auf Quartiersebene viel bewirken: Sie ist groß genug, um etwas Sichtbares zu erreichen, und klein genug, um in überschaubaren Zeiträumen zu Erfolgen zu kommen. Das macht den Charme des Quartiermaßstabes aus. Was bedeutet der Anspruch einer nachhaltigen Quartiersentwicklung für Sie? ZIER: Unser Ziel ist es, lebenswerte Quartiere zu schaffen und Menschen ein Zuhause zu geben. Die Frage, wie Wohnraum bezahlbar bleibt, wurde in den letzten Jahren vor allem vor dem Hintergrund der Anforderungen des demografischen Wandels diskutiert. Jetzt kommt das Thema Klima und Umweltschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe hinzu. Unter diesem Aspekt bezahlbares Wohnen weiterhin zu gewährleisten, ist eine große Herausforderung. Dabei geht es längst nicht mehr darum, ob wir das klimaneutrale Quartier wollen, sondern nur noch um die Frage, wie wir das erreichen. Für uns spielt dabei der Dreiklang der Nachhaltigkeit eine maßgebliche Rolle. Das heißt: eine Balance zu finden zwischen den Herausforderungen des Klima- und Umweltschutzes und der sozialen Verantwortung einerseits und der Frage der Wirtschaftlichkeit andererseits. Denn als diejenigen, die das umsetzen sollen, müssen wir natürlich auch von dem leben können, was wir da tun. SCHNEIDEWIND: Das ist in der Tat eine große Herausforderung. Klimaschutzmaßnahmen beim Modernisieren kosten immer das Gleiche, egal ob die Wohnung später zu einem Quadratmeterpreis von sechs oder fünfzehn Euro vermietet wird. Bei einem niedrigen Mietpreisniveau wie hier in Wuppertal müssen Wohnungsbauunternehmen nicht allein auf die Kaltmiete schauen, sondern sich vielmehr fragen: Wie kann die erhebliche Energieeinsparung, die durch eine Sanierung möglich wird, 2020 wählten die Wuppertaler:innen Uwe Schneidewind zum Oberbürgermeister ihrer Stadt. 25 25

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