Unternehmensbericht 20/21

Keiner kann und keiner muss den Kampf gegen den Klimawandel alleine gewinnen. Wir müssen unser Wissen, unsere Energie und unsere Kreativität als Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik bündeln, neue Allianzen bilden und global einen Kampf führen – gemeinsam, aber mit unterschiedlichen Verantwortungen und Ansatzpunkten. Denn es geht um unsere gemeinsame Zukunft. Um sie zu bewahren, müssen wir damit aufhören, uns zu vertagen, Verantwortung und Folgen von uns wegzuschieben. Wir sitzen alle in einem sinkenden Boot, aus dem wir aber noch immer eine rettende Arche für die Menschheit mitsamt den anderen Arten und Geschöpfen machen können. Das geht nicht „ohne einen jeden von uns“, um Worte des bekannten evangelischen Theologen Helmut Gollwitzer zu benutzen. So wie er vor mehr als 60 Jahren das entschiedene Engagement aller im Kampf gegen den Hunger einforderte, möchte ich dazu aufrufen, sich gegen den Klimawandel zu engagieren: Lebensstil und Klimawandel gehören eng zusammen. Indem wir uns die „Freiheit zur Begrenzung“ nehmen, wie es Bischof Bedford-Strohm formuliert, schaffen wir durch bewussten Verzicht ein Mehr und nicht etwa ein Weniger an Lebensqualität. Es ist an der Zeit, das absichtsvoll irreführende Narrativ, dass Klimaschutz ärmer macht und mehr Arbeitslosigkeit sowie weniger wirtschaftliche Prosperität bedeutet, zu beenden. Das Gegenteil ist der Fall: Ein ungebremster Klimawandel zerstört unsere wirtschaftlichen Grundlagen und den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaften. Freilich muss der Übergang in eine dekarbonisierte Wirtschaft und Gesellschaft struktur-, bildungs- und sozialpolitisch flankiert werden, damit er keine inakzeptablen Härten schafft. Ansonsten gilt, dass ambitionierter Klimaschutz für uns alle eine große Chance und wirtschaftlichen Wohlstand sowie Innovationsschübe bedeutet und für die Einzelnen neue Lebenschancen und ein Mehr an Lebensqualität schaffen kann. Vor sechzig Jahren sagte Helmut Gollwitzer, dass der Beitrag im Kampf gegen den Hunger nicht nur ein Akt der Barmherzigkeit sei, sondern in unserem wohlverstandenen Eigeninteresse liege: „Sollte unser Erbarmen zu schwach, unser Herz zu hart sein, dann sollte wenigstens unsere Vernunft uns sagen: Wenn wir nicht rechtzeitig durchgreifende Hilfe schaffen, braut sich da ein Unheil zusammen, das sich über unseren eigenen Köpfen entladen wird.“ Klimawandel ist schließlich und endlich nicht allein eine Frage der Technologie, des Wirtschaftens und des politischen Gestaltens. Es geht für uns um ein neues Gerechtigkeitsthema. Wir haben die christlich-ethische Verpflichtung, für ausgleichendes Recht und Gerechtigkeit zu sorgen und darauf zu achten, dass auch in Zeiten des Klimawandels Menschen bekommen, was sie zur Aufrechterhaltung nicht nur ihres Lebens, sondern auch ihrer Würde benötigen. Prof. Dr. h. c. Cornelia Füllkrug-Weitzel Pfarrerin und Politologin. Sie ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und seit dem 1. Januar 2020 Mitglied des Rates für nachhaltige Entwicklung (RNE). Wie aus dem sinkenden Boot eine rettende Arche werden kann. 67

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