Tür an Tür - Winter 2018

5 IM WANDE L 4 IM WANDE L Das Modellhaus Sedanstraße 85: In vielen WuppertalerMehrfamilienhäusern steckt mehr Potenzial als geahnt – es zu heben, ist allerdings oft eine große Herausfor- derung Die Zahl zeigt, wie groß der Handlungs- bedarf ist: In Wuppertal standen zuletzt knapp 12 000 Wohnungen leer. Dabei sind die Häuser oft nicht einmal un- attraktiv, jedoch in aller Regel „sehr in die Jahre gekommen“. Denn als der Wohnungsmarkt im Tal angesichts sin- kender Einwohnerzahlen über einen langen Zeitraum stagnierte, sahen viele Hauseigentümer wenig Sinn darin, Geld in die Hand zu nehmen, um ihre Immobilien für die Zukunft attraktiv zu machen. Die Zeiten haben sich jedoch geändert – die Stadt wächst. Der Leerstand sei zuletzt spürbar zurückgegangen, so der Chef des Büros für Quartierentwicklung (WQG), Von der Problemimmobilie zum Vorzeigeobjekt Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Wuppertal hat zusammen mit dem Büro für Quartierentwicklung gezeigt, dass der Wandel möglich ist. Das sind gute Aussichten: modernes Wohnen in einem 90 Jahre alten Haus. Sven MacDonald. Und damit verbessern sich die Perspektiven für den Wuppertaler Wohnungsmarkt. Davon ist auchOliver Zier als Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG) über- zeugt. Grund genug für GWG und WQG, im vergangenen Jahr ein Projekt anzu- packen, das ein Vorbild sein soll – das Modellhaus Sedanstraße 85. Inzwischen ist es bezugsfertig. Ein 90 Jahre alter Musterfall Das über 90 Jahre alte Haus aus dem ehemaligen Wohnungsbestand der Stadt dient dabei im wahrsten Sinne als ein Musterfall dafür, wie sich die Situation einer Immobilie über Jahre hinweg zuspitzt, wenn sie vernachlässigt wird. Aber auch dafür, wie Hausbesitzer mit sinnvollen Investitionen und marktgerechten bau- lichen Veränderungen aus einem Problem- fall wieder ein Haus machen können, das sich sehen lassen kann und zugleich ein Zuhause für verschiedene Generationen bietet. Insgesamt rund 710.000 Euro hat die GWG in die Modernisierung gesteckt – eine ordentliche Summe. Aber das denkmalgeschützte Haus musste auf rund 520 Quadratmetern Wohnfläche komplett modernisiert werden. Eine Luxussanierung sei dies dennoch keinesfalls, betont GWG- Geschäftsführer Oliver Zier: „Wir möchten anderen Hausbesitzern, die über eine Sanierung nachdenken, zeigen, dass es möglich ist, eine Immobilie wieder fit zu machen. Deshalb haben wir sehr genau hingeschaut, was getan werden muss – und dass es sich rechnet. Um an- schließend vertretbare Mietpreise zu erreichen, war gleichzeitig klar, dass nicht alles umgesetzt wird, was theoretisch machbar gewesen wäre.“ Fünf Etagen komplett entkernt Allerdings blieb trotzdem im Inneren des Hauses kaum ein Stein auf dem anderen. Es wurde komplett entkernt. Aus ehemals zehn wurden acht, jetzt lichtdurchflutete Wohnungen – in der dritten Etage begeisterten schon bei den ersten Besichtigungen zwei Maisonettewohnungen die Besucher. Sie bieten über zwei Etagen und mit jeweils gut 100 Quadratmetern genug Platz für Familien. Gleichzeitig sorgen barrierefreie Zugänge zu den beiden 55-Quadratmeter-Wohnungen im Erdge- schoss dafür, dass sich auch Mieter an dieser Adresse wohlfühlen können, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Die Rampe an der Haustür ist ein sichtbares Zeichen für den Abbau von Barrieren. Auf der Wunschliste für das Vorzeigeobjekt stand natürlich diesbezüglich auch ein Aufzug. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass sowohl die technischen Voraussetzungen als auch die Berück- sichtigung des Denkmalschutzes den Einbau sehr erschweren würden. Außerdem waren die zusätzlichen Kosten so hoch, dass sich ein solcher Aufzug Nicht wiederzuerkennen: Die Architekten haben für großzügige Grundrisse und lichtdurchflutete Räume gesorgt. wirtschaftlich nicht vertreten ließ. Daher wurde bewusst kein Aufzug nachgerüstet. Auch diese Entscheidung zeigt, dass der Modellcharakter aus dem Anspruch heraus entsteht, die Nachahmung der Modernisierung zu ermöglichen. Andere Dinge ließen sich dagegen durch- aus realisieren. So sind die denkmalge- schützten Wohnungseingangstüren zwar ganz die alten, trotzdem sehen sie aus wie neu und in ihrem Inneren steckt überdies jetzt eine moderne Schließtechnik, die Einbrechern den „Job“ sehr erschwert. Apropos Sicherheit – auch der Einbau einer Gegensprechanlage mit Kamera- überwachung dient nicht nur demKomfort, sondern ist auch ein echtes Plus in Sachen Sicherheit. Die Aufwertung schließt das Umfeld und die Nachbarschaft ein Barrierearme Bäder standen ebenso auf dem Plan wie eine umfassende ener- getische Sanierung, damit die künftigen Mieter von der deutlichen Verringerung des Energieverbrauchs profitieren können. Neue doppelverglaste Fenster halten die Wärme im Haus und im Keller arbeitet jetzt ein großer Gas-Brennwert- Heizkessel, der künftig auch die noch nicht renovierten Nachbarhäuser des Ensembles mit Wärme versorgen wird. Außerdem wurde im Zeitalter der Digitalisierung die Haustechnik gemein- sam mit den Wuppertaler Stadtwerken auf den modernsten Stand gebracht, wie z. B. durch den Einbau digitaler Verbrauchszähler. Der Gemeinschafts- garten der acht Häuser ist nun von Wildwuchs befreit, um den großartigen Blick über das Tal freizugeben – denn zu Perspektivisch gedacht: Die Bäder sind natürlich barrierearm gestaltet.

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