Tür an Tür - Winter 2022/23

13 Unsere Mieter:innen Fotos: Uwe Schinkel Jordan Faye Richter (links) und ihre Mutter Janine Glanz. Rätselhafte Krankheit. KCNQ2 steht für einen Defekt am Chromosom 20, der den Kaliumkanal der Hirnzellen stört und zu einer Vielzahl an Symptomen führt. Dass Jordi, wie die Familie sie nennt, tatsächlich die Nummer 26 aller betroffenen Personen in Deutschland wäre, ist nur ein Schätzwert ihrer Mutter, der sich aber in realistischem Rahmen bewegt. Wahrscheinlich haben weltweit nur 1000 Menschen diesen Defekt, womit gleichzeitig die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Krankheit und die Entwicklung von Therapien erschwert sind. Epileptische Encephalopathie, Muskelhypotonie, autistische Verhaltensstörungen – Jordis Mutter ist bereits ein wandelndes Lexikon zu den Symptomen, auf die sich behandelnde Ärzte zwölf Jahre lang keinen Reim machen konnten. Erst im April 2020 kam die Diagnose, für Janine Glanz fast eine Erleichterung, aber inzwischen, damals Anfang 40, hatte sie selbst einen Schlaganfall erlitten. Heute hat sie sich weitgehend davon erholt. Kommunizieren über „Gretchen“ und Farben. „Ich weine abends auch schon mal in mein Kissen“, gesteht Janine, aber ihr Lebensmut und die Liebe zu ihrer Tochter sind grenzenlos. „Jordi hat inzwischen zwei Facebook- Seiten“, erzählt sie, wohl wissend, dass diese Seiten ihrem eigenen Austausch mit Betroffenen dienen. Denn Jordi selbst kann nur etwa 50 Wörter sprechen, auch wenn sie einiges mehr versteht. „Gretchen“ ist ihr Sprachrohr, ein Voice-Pad mit Symbolen für Dinge wie Freude, Haustiere, Spielen. „Jetzt hat sie einen Laber-Flash“, kommentiert Janine, als Jordi ihr „Gretchen“ mehrfach sagen lässt: „Wo ist mein Ladegerät?“ Außer dem Pad gibt es einen weiteren Kommunikationsweg: den über Farben. Über die Kunsttherapie – eine Eigeninitiative Ihrer Mutter – fand Jordi zu einem Malverfahren, das sich Acrylic Pouring nennt – eine Fließtechnik, für die kein Pinsel erforderlich ist. Etwa einmal wöchentlich hat Jordi Lust dazu, aber dann entstehen auch gleich mehrere Bilder. Sie sucht die Farben aus und teilt mit, wie sie aufzugießen sind. Dabei stellt Janine immer wieder fest, dass ihre Tochter ein intensiveres Farbempfinden hat. Die Bilder besitzen eine solche Überzeugungskraft, dass bei einer Ausstellung Mitte August im Bürgertreff Lüntenbeck fast 40 Werke verkauft werden konnten. Der Erlös dient der Anschaffung eines Autos, möglichst mit Schiebetür, das auch einen Rollstuhl aufnehmen kann, denn dem alten Golf ist Jordi längst entwachsen. Mit Farben zum Ziel. Die 16-jährige Jordan Faye Richter passt in kein Muster. Sie fixiert ihr Gegenüber, schaut dann wieder irritiert ins Leere, springt schreiend auf, setzt sich abseits auf ein Sofa und blickt ängstlich drein, nur um gleich darauf dicht neben einem zu stehen und ihr Kuscheltier zu reichen. Ohne Zweifel ein Ausnahmemensch. „KCNQ2“ steht auf ihrem Shirt und darunter „Nr. 26 in Germany“. Seit sieben Jahren lebt Jordan mit ihrer Mutter Janine Glanz in der Lüntenbeck, davon die letzten vier in einer gwg-Wohnung der Siedlung Grüne-Trift. „Wir haben gleich nebenan einen Spielplatz und den Wald“, sagt Janine mit hörbarer Erleichterung. Facebook: Jordan – mein Leben mit KCNQ2 und Jordi’s KCNQ2 Atelier Spenden: Mobil mit Behinderung e.V., Volks- und Raiffeisenbank Südpfalz eG, IBAN: DE27 5486 2500 0207 1385 80, SWIFT: GENODE61SUW, Verwendungszweck: RICHTER

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